»Briefe von Klara« [E91]
Sammlung von Erzählungen, erschienen 1991 unter dem schwedischen Originaltitel »Brev från Klara och andra berättelser«.
Inhalt:
- Briefe von Klara
Klara Nygård ist offensichtlich schon im fortgeschrittenen Alter und setzt sich damit in ihren Briefen an verschiedene Personen (und dadurch aus verschiedenen Perspektiven) im Hintergrund auseinander. Vordergründig sind die Briefe aber vor allem sowohl einfühlsam als auch sehr direkt bis schonungslos.
- Robert
Kurzes Streiflicht aus der Perspektive eher angepasster »Normalmitglieder« der Gesellschaft über einen Kommilitonen im lange zurückliegenden Kunststudium, der bereits damals eine eigene Radikalität zu wagen schien.
- Im August
Zwei zusammen lebende ältere Schwestern verarbeiten ihre Trauer um die vor einem Jahr uralt, aber lebenslustig gestorbene Mutter und ringen dabei auch um ihre dadurch neu zu definierenden Rollen.
- Der Seerosenteich
Kati und Bertil, offensichtlich erst seit kurzer Zeit ein Liebespaar, wollen die Sommerferien gemeinsam auf dem Land verbringen; ungeplant müssen sie seine alte Mutter mitnehmen, welcher Kati noch gar nicht leibhaftig begegnet war. Die jahrzehntelang eingespielten Beziehungsrituale zwischen Mutter und Sohn in diesem ganz anders geplanten Urlaub mitzuerleben, wird für Kati zu einer ganz eigenen Erfahrung, zu der sie sich irgendwann wird stellen müssen.
- Die Zugfahrt
Ein Mann trifft auf einer langen Zugfahrt durch einsame Gegenden zufällig einen alten Schulkameraden wieder, den er seinerzeit von Ferne intensiv bewundert hatte. Nun erfährt er, dass dies beileibe nicht unbemerkt geblieben war – und auch, wie der einstmals Angebetete sich entwickelt hat.
- Das Gesellschaftsspiel
Eine Frau kommt auf die Idee, nach Jahrzehnten die alte Mädchenriege zu einem Klassentreffen einzuladen. Überwiegend widerwillig kommt man zusammen und muss nun sowohl die alten Rollen wieder spüren als auch sich mit dem eigenen Werdegang auseinandersetzen.
- Piratenrum
Jonna und Mari, ein Frauenpaar (die Protagonistinnen aus E89), bekommen auf ihrer Schäreninsel unerwartet nächtlichen Besuch von einem jungen Mann, der versucht hatte, sich aus Verzweiflung über »die Frauen« durch eine Kajakfahrt in der spätherbstlichen See das Leben zu nehmen, nun aber hier strandete.
- Im Sommer
Eine Folge von neun kurzen Tagebuchaufzeichnungen eines Mädchens, das am liebsten ungestört und unbeobachtet Dinge ausprobiert, ob nun es sich dabei nun um Schwimmen und Bootfahren handelt oder zu dichten und passende Wörter für die Geräusche des Sturms zu finden.
- Die Bilder
Ein junger Maler lässt seinen sehr klugen, aber unter Wahnvorstellungen leidenden Vater, mit dem ihm ein distanziert-schwieriges Verhältnis verbindet, im hohen Norden zurück, um in einer ausländischen Großstadt einen siebenwöchigen Atelieraufenthalt zu verbringen. Als sich herausstellt, dass er in dem anonymen, geradezu klinisch reinen Gebäudekomplex malerisch nicht vorankommt, stürzt der junge Mann sich in die fremde Stadt und beginnt Gesichter zu skizzieren; diese entspringen immer weniger realen Vorbildern, und schließlich erlangt er die Fähigkeit, die Dämonen des Vaters im Bild im wahrsten Sinne des Wortes zu bannen.
- Vorwarnungen
Die Ich-Erzählerin erinnert sich in dieser sehr knappen Erinnerung an eine alte Frau in ihrem Heimatdorf, die in allem ein Vorzeichen für bevorstehendes Unheil sah und sich von dieser Sichtweise nicht abbringen ließ.
- Emmelina
Der in Beruf und Leben extrem frustrierte Mittdreißiger David nimmt Kontakt zu der unauffälligen, jungen Emmelina auf, die bei der jüngst verstorbenen alten Frau in der Wohnung ein Stockwerk höher eine Art Gesellschaftsdame war und nun dort weiter lebt. Zunächst genießt er nur die Ruhe, die sie ausstrahlt, und bemüht sich, sie nicht mit seinen Sorgen zu konfrontieren – doch dann erscheint sie ihm immer mysteriöser.
- Meine Freundin Karin
Autobiografische Erzählung über die Cousine Karin, die bereits als Kind sehr fromm ist (ihr Vater ist evangelikaler Pastor), wodurch die etwas jüngere Tove viel Anlass hat, über Religion nachzudenken – sowohl ganz allgemein als auch, wenn diese sich der Grenze zum Wahnhaften nähert und Persönlichkeitsveränderungen mit sich bringt. Jahre später begegnen sich die beiden jungen Frauen noch einmal vor bedrohlicher historischer Kulisse in Nazideutschland, wohin Karins Familie gezogen war.
- Die Reise an die Riviera
Die alleinstehende Bibliothekarin Lydia und ihre verwitwete alte Mutter fahren gemeinsam nach Juan-les-Pins an der französischen Riviera; für die Mutter ist dies ein noch offener Lebenstraum. Dass man sich dort nur eine sehr bescheidene Pension leisten kann und auch sonst alles ganz anders ist als im erträumten Ideal, ist dank der Fähigkeit der beiden zur offenen Selbstreflexion kein Hindernis für einen erkenntnisreichen und die Seele erfrischenden Aufenthalt.
1954 waren Tove Jansson und ihre Mutter
Ham tatsächlich zu zweit an die Riviera gereist. Die Reise fand bald darauf in der Mumin-Comic-Episode
C03 ihren Niederschlag; hier kehren Motive daraus in ganz anderer Verarbeitung wieder.
Bemerkungen:
- Die Überschrift von Nr. 3 gleicht der des Schlusskapitels von E72
- Nr. 1, 2, 9, 12 und 13 wurden noch einmal in E98 veröffentlicht
- Nr. 12 erschien auch als Faksimile-Sonderdruck mit besonderem Titelbild (s. u.)
Ausgaben:
Originalausgabe, Umschlag gestaltet von Tove Jansson selbst:
Faksimile-Ausgabe der Erzählung »Karin, min vän« (»Meine Freundin Karin«), Umschlag mit einem Aquarell von von Tove Jansson:
Die erste deutschsprachige Ausgabe (Ü.: Birgitta Kicherer) erschien 2020 beim Verlag Urachhaus:
Die Geschichte Nr. 11 ist außerdem in der Anthologie »Das Winterbuch« (Lübbe) enthalten, von der es auch eine Hörbuchfassung, gelesen von David Nathan, gibt.
Seite zuletzt geändert: 30. 07. 2024 / 13:24
Zépé's Virtuelles Muminforschungszentrum
http://www.zepe.de/mumin
© Christian Panse
Impressum
•
Datenschutzerklärung