»Die Tochter des Bildhauers« [E68]
Noch vor Abschluss der Mumin-Bücher entsteht diese stark autobiographische Kindheitsdarstellung, erschienen 1968 unter dem schwedischen Originaltitel »Bildhuggarens dotter«.
Inhalt:
- Das goldene Kalb
Toves Großvater ist Hofprediger und hat einen Sommersitz, der mit Haus und Grundstück sehr ans Mumintal erinnert. Die religiöse Atmosphäre beinflusst auch die Ferienspiele der zahlreichen Kindeskinder. Als Cousine Karin meint, ein göttliches Zeichen erhalten zu haben, erstellt Tove aus Eifersucht ihre erste Skulptur: ein goldenes Kalb...Das großväterliche Anwesen, Vorbild fürs
Mumintal, liegt auf der Insel Blidö im Stockholmer Schärengarten (vgl.
Muministisch bedeutsame Orte); allerdings gibt es hier keinen Fluss, und es lagen auch nie Muscheln um die Beete.
- Das Dunkel
Dunkelheit lauert vielerorts: im winterlichen Helsinki, im Teppichmuster, in Wörtern und in einem selbst. Aber sie ist auch wichtig als Hintergrund für erlebnisreiche Feuerflammen, zarte Illustrationen und die familiäre Geborgenheit.Die Versgrundlage für
WG scheint hier in einem Kindergedicht auf.
- Der Stein
Klein-Tove rollt einen großen Stein nach Hause, den sie für Silber hält.
- Feten
Spontan-sentimentale Künstlerfeste daheim.
- Anna
Haushälterin und Kindermädchen Anna ist stark, naiv und hat wechselnde Männerbekanntschaften, von denen sie sich sehr beeinflussen lässt.
- Der Eisberg
Ein kleiner Eisberg kam angetrieben und liegt nun genau so weit vom Ufer entfernt, dass sich für Tove eine echte Mutprobe ergibt.
- Die Meeresbuchten
Fünf menschenleere Buchten kann Tove im Sommer durchstreifen. In einer wohnen Fantasiefreunde, in einer anderen hatten Schmuggler Whisky versteckt, in der Nähe ist die Pilzsammelstelle der Familie. In dieser Umgebung entwickelt Tove ihr Geschichtenerzählertalent.Ein sacht raschelnder Schilfgürtel wirkt wie ein Heer von
Hatifnatten.
- Seerecht
Gedanken darüber, wer nach einem Sturm am Meer was von den Fundstücken behalten darf.
- Albert
Ein Junge, der so ganz anders ist als Tove: ruhig, besonnen – und doch äußerst tatkräftig, wenn es drauf ankommt; Tove ist fasziniert.Spiegelt sich hier die Bewunderung des Mumintrolls für den Schnupferich?
- Hochwasser
Vater versucht im Bootshaus zu bildhauern, aber unsensible Sommergäste blockieren ihn. Aus der Schaffenskrise erlöst ein plötzliches Hochwasser – nun muss erst einmal angepackt werden.Überflutung ist auch ein bestimmendes Motiv für
LR und
SM.
- Jeremiah
Ein ausländischer Geologe wandert durch die Gegend. Tove folgt ihm gerne. Alles wird anders, als auch noch eine Geologin erscheint.
- Theater
Die Reste des wegen Ameisenbefalls abgebauten Saunahäuschens funktioniert Tove zu einer Bühne um. Publikum: die Katze und die alte, verwirrte Fanny. Alles kommt gründlich anders als beabsichtigt.Pathetisches Theater ist auch in
SM zu finden.
- Haustiere und Frauen
Toves Vater war Tieren sehr zugetan – manchmal Quelle kindlicher Eifersucht wie beim alles dürfenden Affen Poppolino, oder im Falle der verunglückten Krähe auch von Schuldgefühlen. Auch mit vermehrungsfreudigen Kanarienvögeln ist das Leben oft nicht leicht. Der Vater findet allerdings Frauen viel komplizierter.Der unübersichtlichen Kanarienvogelpopulation scheint in den
Mymlas ein Denkmal gesetzt zu sein.
- Die Tante, die eine Idee hatte
Eine in die Sommerfrische mitgefahrene Tante stellt sich zwanghaft-ungeschickt an; dabei geht es ihr eigentlich um Kreatives: in einem Sommer misslingt das Zementieren von Steinmustern, im nächsten führt das Sortieren von Glanzbildern zu keinem Ergebnis. Während Tove sich fragt, warum manche Menschen es aus sich heraus schwer haben, zeigt der Vater sich überraschend selbst dann nachsichtig gegenüber der Tante, als sie den eigentlich »geheiligten« Gipsguss im Atelier stört.
- Der Tüllrock
Allein zu Hause, verwendet Tove ein großes Abendkleidungsstück aus Mutters Kleiderschrank, um sich in ein Fantasiewesen zu verwandeln.
- Der Schnee
Die Mutter hat sich, um in Ruhe zeichnen zu können, in einem leer stehenden Haus eingemietet. Tove ist mit dabei und findet alles etwas bedrohlich. Erst als man einschneit und die Mutter wieder etwas mehr Zeit hat, beginnt es gemütlich zu werden – wie Winterschlaf.
- Röteln
Tove liegt krank im Bett und neidet dem Affen die Aufmersamkeit, die er vom Vater erfährt.
- Die Kunst des Fliegens
Tove entdeckt, dass sie fliegen kann und verleiht diese Gabe schließlich allen Bewohnern der Stadt.
- Weihnachten
Schilderung das Weihnachstfestes daheim, mit seinen Traditionen und der umfassenden familiären Geborgenheit.
Bemerkungen:
- Ausführlich besprochen im Rundbrief November 2006
- Bereits Ende 1965 erschien eine Frühform des Schlusskapitels in der Zeitschrift »Vi«; eigentlich war Tove Jansson als Beitrag zur betreffenden Ausgabe um ein familiäres Koch- oder Backrezept gebeten worden, sie lieferte aber eine mehrseitige, umfassende Weihnachtsdarstellung, ergänzt um drei Zeichnungen und drei Fotos. Die Zeichnungen:
Ausgaben:
Zwei Titelgestaltungen von Tove Jansson selbst:
Auf Deutsch erschien das Buch, übersetzt von Birgitta Kicherer, 1987 als Taschenbuch bei rororo neue frau und 2014 aufs Neue bei Urachhaus:
Eine Hörbuchfassung, gesprochen von Merete Brettschneider und verlegt bei Audiolino, gibt es seit 2023.
Die Kapitel 2, 3, 6, 8, 11, 16 und 19 sind ferner in der Anthologie »Das Winterbuch« (Lübbe) enthalten, von der es auch eine Hörbuchfassung, gelesen von David Nathan, gibt.
Seite zuletzt geändert: 22. 03. 2024 / 21:23
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