Date: Sun, 03 Nov 2013 21:24:49 +0100
Liebe Mitmuminist/inn/en in aller Welt,
ein ganzes Jahr wollte ich nun doch nicht warten, bis ich den nächsten Rundbrief schreibe... Da bin ich wieder. Musste mich ein bisschen neu sortieren, auch in meiner Identität als Muminforscher, was eine kleine Pause im eigentlich doch immerwährenden Hobby bedingte. Doch nun scheint es mit erfrischten und sogar noch gesteigerten Kräften wieder ans Werk zu gehen. Da ich so lange schwieg, kommt alles heute in etwas geraffter Form.
Das nächste Jahr bringt den 100. Geburtstag von Tove Jansson mit sich, und im Augenblick hat es noch die Anmutung der Ruhe vor dem Sturm, aus der sich erst einzelne Anzeichen herauslesen lassen.
Die offizielle Webseite zum Thema ist hier:
http://www.tove100.com/ [nicht mehr vorhanden]
Demnach wird es neben einigen anderen Einzelveranstaltungen in aller Welt eine größere Ausstellung im Ateneum in Helsinki geben (14. 3. – 7. 9. 2014).
Eine weitere geplante Ausstellung ist offenbar kommerzielleren Charakters, sie dreht sich um Merchandising- und Lizenzprodukte rund um den Mumin-Kosmos und ist erstmal nur den Fachbesuchern der bedeutenden Einrichtungsmesse Forex zugänglich:
Die finnische Post wird ein Briefmarken-Doppelpack herausbringen:
http://www.posti.fi/english/current/2013/20131016_stamps.html
Überlegungen, eine Straße in Helsinki nach Tove zu benennen, gibt es ja schon länger, aber selbst so kurz vor einem wirklich passenden Termin scheint es noch wenig Konkretes zu geben:
http://svenska.yle.fi/artikel/2013/04/03/tove-janssons-gata-men-var
Ein Ereignis wird sicher der neu handgezeichnete Kinofilm, der offenbar eine Adaption vor allem des Comics »Mumin an der Riviera« [C03] darstellt, evtl. mit Beimischungen aus »Mumin auf der einsamen Insel« [C04]:
http://www.handleproductions.com/moomins/
Schon erschienen ist eine neue Tove-Jansson-Monografie, geschrieben von der finnischen Kunsthistorikerin Tuula Karjalainen und (übersetzt) betitelt: »Tove Jansson – arbeiten und lieben«. Ich weiß von finnisch- und schwedischsprachigen Ausgaben und vernahm Gerüchte von einer geplanten Übersetzung ins Japanische, evtl. auch ins Englische. Auf deutsch ist man ja an Schmalhans Küchenmeister in dieser Hinsicht gewöhnt. [Nachtrag: hier unkte ich zu Unrecht, denn eine deutsche Version erschien 2014 u. d. T. »Tove Jansson – Die Biografie« bei Urachhaus]
Ihr eigenes, sehr erfreuliches Jubiläumsfeuerwerk zündete bereits die seit den 1970er-Jahren Maßstäbe setzende schwedische Comiczeitschrift »Bild och Bubbla« in ihrer Tove Jansson gewidmeten Ausgabe Nr. 196. Neben der Wiedergabe der Kurzgeschichte »Serietecknaren« (»Der Comiczeichner«) und einigen Sachartikeln legen etliche aktuelle Comic-Künstler ihre persönliche Beziehung zur Mumin-Schöpferin dar, wodurch einige nett anzusehende Kurzcomics entstanden, in denen das große Vorbild teils sogar persönlich auftritt.
Endlich gab es einmal wieder Mumin-Sekundärliteratur auf Deutsch. Ein umfängliches Werk entstand in Kooperation maßgebender Institute der Kinder- und Jugendliteraturforschung in Österreich und der Schweiz, Titel: »Kinderliterarische Mythentranslationen«. Tove Jansson ist ein in zahlreichen Einzelbeiträgen unter verschiedensten Gesichtspunkten beleuchtetes Hauptthema, ebenso J. R. R. Tolkien und C. S. Lewis; doch auch Michael Ende, Cornelia Funke und andere bekommen gelegentlich ihr Fett weg. Manchmal lesen die Artikel sich wissenschaftstypisch etwas schwergängig, aber fast immer sind sie frische, aktuelle Blicke auf Themen, die einem Mehr-als-nur-Genuss-Leser wie mir etliche Augen geöffnet haben. Da in zwei Ländern erschienen, hat das Buch gleich zwei ISBN: 978-3-0340-1155-6 und 978-3-7069-0717-0.
Ein einzelner Artikel unserer Mitmuministin Mareike Jendis über philosophische Aspekte in den Muminbüchern erschien außerdem in der pädagogischen Schriftenreihe »kjl&m« (Band 13.2) im Kopäd-Verlag.
Dieses Jahr gab es Mumin-Briefmarken der finnischen Post. Sie sind eigentlich nur Aufkleber, die traditionellen Marken nicht weiter ähneln, haben aber Frankaturwert. Die Motive sind aber recht niedlich und offenbar sämtlich den Mumin-Comics entnommen:
https://verkkokauppa.posti.fi/tuotekuvat/2013/i_muumit_luonnos.jpg
Seit dem letzten Rundbrief hat sich in der Mumin-Comic-Veröffentlichungs-Szene einiges getan. Am quirligsten waren Drawn & Quarterly in Kanada, die inzwischen die Bände 7 und 8 ihrer Gesamtausgabe vorgelegt haben:
Alle diese Comics sind bekanntlich nicht mehr von Tove Jansson, sondern ihrem Bruder Lars. Dieser schrieb sie gleich auf Englisch. Dank moderner Vertriebswege ist es kein Problem, diese Bände auch hier in Europa zu bekommen.
Drawn & Quarterly hat genug Erfolg mit den Mumin-Comics, um eine Edition nachzuschieben, die ich mit höchst gemischten Gefühle sehe, nämlich Einzel-Episodenhefte in Farbe. Meiner Ansicht nach ist die Kolorierung nicht nur völlig unnötig, da Tove Jansson eine Meisterin der Schwarzweißillustration war, sondern in vielen Fällen sogar künstlerisch übergriffig, da den Bildern immer wieder künstliche Horizonte und andere Elemente, die sich durch Farbflächengrenzen ergeben, hinzugefügt werden, wo vorher der gewollte Leerraum auch ein Nachempfindungsraum für den Betrachter war – paradoxerweise werden die Bilder durch zusätzliche Farbe ärmer. Meine ich.
Der vortreffliche Reprodukt Verlag in Berlin hat sich entschieden, nach den 5 Bänden der Mumin-Comics von Tove Jansson mit Lars Jansson weiter zu machen. Der erste Band steht nicht mehr allzu lang bevor, wie man hört.
Ich habe alle meine mit Tove Jansson zu tun habenden Bücher bei LibraryThing online gestellt:
http://www.librarything.com/catalog/vmfz
2012 habe ich einen glücklichen Sommerurlaub auf der Insel Ischia im Golf von Neapel verbracht. Es war heiß, quirlig, das volle Leben. In den vom abendlichen Gewimmel erfüllten Straßen zwischen den beiden Inselhauptstadtteilen Porto und Ponte bietet ein Comic-Kunsthandwerker hervorragend getroffene Disney-Figuren an, mit glänzendem Lack auf Holz gemalt und passgenau ausgesägt. Sein Künstlername: Il Pennello – »der Malpinsel«. Ich kam mit ihm ins Gespräch, und da ich »zufällig« ein Buch über Tove Jansson dabei hatte, in dem auch Illustrationen aus den Mumin-Büchern wiedergegeben waren, versorgte ich ihn mit einer Fotokopie und konnte mir schon wenige Tage später einen superb gelungenen Muminpapa abholen. Diesen habe ich schon mal im Schnee posieren lassen, aber erst einen Winteranbruch später schafft er es in einen Rundbrief – siehe angehängtes Bild.
Damit grüßt bis zum nächsten Mal
Zépé
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